Neue Geistliche Gemeinschaften und Bewegungen

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Schlussbemerkung: Geistliche Erneuerung als bleibender Auftrag aller Christgläubigen

Die verschiedenen geistlichen Aufbrüche und Erneuerungsbewegungen sind auch heute weitgehend eine heilsame Störung der althergebrachten Ordnung. Es ist in der Praxis aber schwer möglich, dass die institutionellen Instanzen die geistlichen Impulse vollständig aufarbeiten und integrieren. Daher ist es legitim und notwendig, dass diese unterschiedlichen Aspekte intensiven christlichen Lebens sich in der Kirche, aber nicht unbedingt in bereits bestehenden Strukturen entfalten können.

Der Heilige Geist, welcher die einzigartige Zusammengehörigkeit der Kirche mit ihrem Herrn gewährleistet, schenkt Einheit und Vielheit zugleich. Er gewährt sehr viel mehr Freiheit der Geistwirkungen, der Lebensformen und auch der Erkenntnis als wir von uns aus zulassen würden. Aber letztlich dient diese Vielfalt einer neuen Form von Einheit. Diese besteht nicht in der Aufhebung der Pluralität, sondern vielmehr in ihrem freien Zusammenwirken zu einem Ganzen, wie Paulus es im 1. Korintherbrief zum Ausdruck gebracht hat. Für dieses Zusammenwirken ist entscheidend, dass geistliche Erneuerung als bleibender Auftrag aller Christgläubigen bewusst gemacht und glaubwürdig praktiziert wird (vgl. hierzu CL 18 ffl, insbes. Nr. 24 die Ausführungen über die Charismen).

Die heutigen Ausführungen haben nur auszugsweise und begrenzt neue Gemeinschaftsformen geistlichen Lebens und ihre Bedeutung für den Dienst der Kirche von heute darstellen können. Ich hoffe diese Darstellung hat ein wenig deutlich gemacht, dass neue geistliche Aufbrüche trotz vieler Unterschiede in der Entstehungsgeschichte, im äußeren Erscheinungsbild und in den Tätigkeitsfeldern in ihrer Zielsetzung weitgehend zu einer tiefen Konvergenz kommen: Die verantwortliche Teilhabe an der Sendung der Kirche, das Evangelium Christi als Quelle der Hoffnung für die Menschen und der Erneuerung für die Gesellschaft zu künden (vgl. CL, 29).

Mit dem Apostolischen Schreiben "Tertio Millenio Adveniente" hat Papst Johannes Paul II. alle Christgläubigen eingeladen, sich auf das Jubeljahr 2000 vorzubereiten. 1998, das zweite Jahr der Vorbereitungsphase, ist in besonderer Weise dem Heiligen Geist gewidmet. Für Johannes Paul ist der Geist auch für unsere Zeit die Hauptkraft der Neuevangelisierung. Somit gehört die Wiederentdeckung der Anwesenheit und Wirksamkeit des Geistes zu den wichtigen Aufgaben der Vorbereitung auf das Jubeljahr (vgl. TM, 45).

Für diesen Auftrag, der das ganze Volk Gottes betrifft, möchte ich uns abschließend ein Wort von Karl Rahner mit auf den Weg geben, das ich gern als sein "geistliches Vermächtnis" bezeichne. In seinem Beitrag "Die Kirche als Ort der Geistsendung" sagt Rahner:

"Nur wer kirchlich und selbständig,

demütig und wagemütig,

gehorsam und um eigene Verantwortung wissend,

ein Beter und Täter ist,

der Vergangenheit und der Zukunft der Kirche verbunden ist,

nur der schafft Raum,

dass Gottes stürmender Pfingstgeist,

der ewig alte und ewig junge, in ihm wirkt,

das Angesicht seiner eigenen Seele erneuert,

sich seiner bedient,

um auch die Erde zu wandeln."

(Schriften zur Theologie, Band VII, 187, Einsiedeln/Zürich/Köln, 2. Aufl. 1971; Erstveröffentlichung in Geist und Leben, 29 (1956), 97).

Dr. Marianne Tigges, 1998

Marianne Tigges, geboren 15.02.1942 in Hagen/Westfalen. 1975 Promotion in der Philosophischen Fakultät der Westfälischen Wilhelm-Universität in Münster (Pädagogik/Theologie/Philosophie). Bis 1979 Einsatz in Ostafrika. Von 1980 bis tätig als Referentin beim päpstlichen Missionswerk MISSIO in Aachen, sowie von 1983 bis 1987 als Referentin in der Zentralstelle Pastoral der Deutschen Bischofskonferenz für den Bereich "Geistliches Leben, Geistliche Berufe, kirchliche Dienste". Von 1987 Kontaktperson seitens der Deutschen Bischofskonferenz für geistliche Berufe und kirchliche Dienste. 1991 ist sie zur Sekretärin der Bischöflichen Kommission für geistliche Berufe und kirchliche Dienste berufen worden.

 

Damit Gott in euren Herzen leben kann, müßt ihr lieben.

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