Warum (nicht) Medjugorje?

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Autor: Tanja Popec

Für viele ist ein Besuch von Medjugorje die Suche nach einem Wunder, einer Erscheinung, einer besonderen Botschaft. Auch Theologen sind von Fragen gläubiger Neugierde nicht verschont, ob denn dort etwas Besonderes geschieht. Vielleicht mehr als alle übrigen Menschen „kämpfen“ Theologen an solchen Orten in sich mit der Wissenschaft, mit der Disziplin, mit dem Gehorsam gegenüber der Hierarchie, mit dem persönlichen Leben und mit Gott, der viel sagt, auch wenn Er schweigt. Viele haben mich gefragt, was ich über die Erscheinungen von Medjugorje denke. Nun, ich fühle mich nicht berufen zu beurteilen, ob  sie nun wirklich stattfinden und welcher Ordnung sie zugehören, denn mein Glaube wächst weder noch fällt er an diesen Fragen. Ich warte auf die Meinung des Hl. Vaters, der in dieser Frage das letzte Wort sprechen wird, wenn dafür die Zeit gekommen ist.

Hier möchte ich durch das Zeugnis für Christus, der auch in Medjugorje, sowie in allen Eucharistien der Welt als ein und der selbe wirklich gegenwärtig und so stark ist, dass er ohne Worte die Seele und den Geist erschüttern kann, die gesuchte Antwort geben. Medjugorje hat mich angezogen als ein Ort in der mir lieb gewordenen Bosnien-Herzegowina, als eine andere Wirklichkeit zur Routine in Zagreb. Manchmal ist es notwendig, eine andere Gegend zu besuchen, den Alltag hinter sich zu lassen, damit sich die Gedanken beruhigen und die Seele ein wenig Atem holen kann.

Wenig Atmosphäre

Wenn ich es vernachlässige zu erwähnen, dass ich zur Erwartung des neuen Jahres im letzten Moment angekommen bin, und dass mir dieser 31. Dezember bis zur Abreise allein für sich schon stressig war, so kann ich doch zufrieden sein, dass die Reise für mich von Zagreb über Zadar bis Medjugorje doch sehr angenehm und ohne Schwierigkeiten war. Auch wenn ich immer wieder fragte, von wem und wie dieser Jahreswechsel in Medjugorje organisiert wird, so bekam ich immer wieder die Antwort, dass es hier außer der eucharistischen Anbetung und der hl. Messe nichts Besonderes geben wird. Dann aber konnte ich mich mit eigenen Augen überzeugen, dass dieses „nichts Besondere“ tausende Pilger, aber auch einheimische Gläubige in diese außergewöhnliche Oase des Friedens in der Herzegowina gerufen hat. Die meisten unter den vielen Pilgern waren Italiener, viele Gläubige waren in echter Winterkleidung zur Kirche gekommen: Mäntel, Overalls, Schals, eingewickelt in Decken. Auf den ersten Blick erkannte ich nicht, warum dieser Aufwand, besonders das mit den Decken, da der Abend nicht zu kalt war (im Vergleich zu den Minusgraden in Zagreb). In der Kirche waren schon längere Zeit die ganz Schnellen; die Bänke und Sitzgelegenheiten rund um die Kirche waren schon von mehreren tausend Menschen in Winterkleidung besetzt. Um 22 Uhr begann die eucharistische Anbetung, die für die Gläubigen außerhalb der Kirche auf Videowänden übertragen wurde. Aber auch jene, die diese „Wand“ nicht gesehen haben, wachten in Frieden, in Stille, in tiefer Demut und Würde mit dem lebendigen Jesus Christus. Mit Bedacht auf die zwei, drei oder sogar mehr Stunden unter freiem Himmel verbrachte Zeit, war es dann begreiflich, warum diese „Winterausrüstung“ nötig war.

Die Besonderheit  von Medjugorje oder doch ein alltäglicher Jesus?

Wann immer ich zur Anbetung gehe, trägt mich die Sehnsucht nach dem Antlitz Gottes, so war es auch in dieser Nacht. Mehr als eine Stunde lang hörte und sah ich rund um mich nichts Spektakuläres oder Exklusives, um mit den Worten eines Reporters zu sprechen, auch wenn einige Tage vor Jahresende eine Botschaft bekanntgemacht wurde, von der Gospa mit Jesus auf dem Arm, und wo Jesus spricht, dass Er unser Friede ist und dass wir seine Gebote befolgen sollen. Dieser Inhalt ist uns ja aus dem Evangelium bekannt, sodass in diesen Worten nichts Neues war. Was aber in jener Nacht in Medjugorje mächtig wirkte, war die Stille, die vom Mondschein erhellt wurde, und die Kirche von Medjugorje umarmte. Sie strömte  aus dem Betrachten des Allerheiligsten. Die Meditationen waren einfach, mehrsprachig. In ihnen waren Gedanken der Dankbarkeit für das Jahr 2012, Gebete für das neue Jahr, für die Bekehrung des Herzens und für die Befolgung der Gebote Gottes. Es waren wenige Worte, aber in ihnen war das Leben aller Anbeter, Beter, Gottsucher inbegriffen. Während der Anbetung in dieser Nacht haben viele in den seitlichen Beichtstühlen das Sakrament der Versöhnung gefeiert. Es ist ein herrliches Gefühl, das Alte Jahr versöhnt mit Gott zu beenden und das Neue Jahr zu beginnen. Die Beichtväter standen den Gläubigen für alle Lebensalter in verschiedenen Sprachen zur Verfügung. Bussfeier, Wunsch nach Versöhnung, das Fest der Neuheit des Lebens! Auch die Eucharistiefeier,  die um 23.20 Uhr begann, war wie gewohnt, mit weihnachtlichen Elementen, und doch war sie etwas Besonderes. Während von allen Seiten verschiedene Feuerwerkskreationen um ums kreisten, konnten sie doch die Aufmerksamkeit der Gläubigen vom  Geschehen auf dem Altar nicht zum Himmel „ablenken“. Im Mittelpunkt stand das Brechen des Brotes und das Wort! Und die hl. Wandlung  genau zur Mitternacht war ein berührender Augenblick. Während die ganze Welt den Übergang vom alten zum neuen Jahr wie eine Explosion von künstlichem Licht, mit  Knalleffekten, Champagner, Küssen und Umarmungen feiert, blieben bei uns Teilnehmern an der hl. Messe solche Zeichen des Feierns aus. Vom Lärm der Feuerwerkskörper aus den umliegenden Gassen blieb das hl. Messopfer unberührt, das Volk war gesammelt in Christus, mit dem alles beginnt und endet. Jeder von uns legte sein Leben mit zahlreichen lieben Gesichtern, Gebeten, Sehnsüchten und Hoffnungen auf diesen Altar. Christus hat dieses Herzensopfer angenommen und mit seiner realen Gegenwart die Seite zum Jahr 2013 aufgeschlagen. In Ihm liegt der rechte Grund zur Freude und Er war in dieser Nacht der wichtigste Stern, der die Neuigkeit bringt.

Was ist das Wunder von Medjugorje?

Tausende Gläubige, die ohne eine besondere Einladung zusammenkamen, um auf diese Art Neujahr zu feiern, suchten keine Art von Spektakel. Hunderte von ihnen, die gerade in dieser Nacht gebeichtet haben, manche sogar nach vielen Jahren - ist das nicht ein echtes Wunder? Unlängst las ich die Geschichte von einem Ehepaar aus Italien, das mit kranken Kindern nach Medjugorje gekommen war, um das Wunder einer Genesung zu erbitten. Sie erlebten nicht eine Bekehrung durch die Gospa; auch nachdem sie auf den Kreuzberg und auf den Erscheinungsberg gegangen waren, hatte sich nichts ereignet. Als der Vater einem Priester sein Leid klagte und ihn bat, für die Gesundung zu beten, sagte ihm dieser nur: „Geh zur Beichte“. Natürlich war das für den Vater kaum erklärbar. Er suchte nach einem Zeichen für sein Kind, der Priester aber schickte ihn in den Beichtstuhl. Das Leben hat sich für diese Familie gerade nach dieser Beichte geändert. Der Vater war seit Jahren nicht mehr bei der Beichte, in seiner Seele jedoch trug er große Verwundungen und schwere Sünden. Erst nach der Beichte geschah das Wunder. Die Gesundheit seiner Kinder begann sich zu bessern. Aber auch für den Vater war das ein äußeres Zeichen einer wunderlichen Begegnung mit Christus, die er im Sakrament der Versöhnung erlebt hat. Das war wahrhaftig das Wunder! Vergessen wir nicht, dass Christus beim Sakrament der Versöhnung neben uns steht, und das nicht nur beiläufig, vielmehr als der,  der sein Herz öffnet, durch Seine Barmherzigkeit heilt und durch Seine Liebe vom Kreuz herab erhebt. Auf dem Weg nach Medjugorje hörte ich auch das Zeugnis eines jungen Ehepaares, das sich auf dem Weg nach Medjugorje kennengelernt hat. Obwohl sie beide in Italien leben und gar nicht weit voneinander entfernt, begegneten sie einander nicht, bis zu dem Augenblick, da jeder in seiner Gruppe nach Medjugorje pilgerte. Sie begegneten einander während der hl. Messe auf dem Trajekt. So haben sie sich kennengelernt und nach einigen Jahren geheiratet. Die Begegnung mit Gott in den Sakramenten und die persönliche Begegnung  von Menschen ist die stärkste Botschaft von Medjugorje. Viele werden sich fragen, warum sich solche Veränderungen und persönliche Erlebnisse nicht in der Pfarre, in der wir leben und täglich oder mindestens an Sonntagen sind, ereignen? Der Grund ist sehr einfach. Wenn wir unsere Pfarre verlassen, um auf Pilgerreise zu gehen – nach Medjugorje oder woanders hin – sind wir in anderer Verfassung, verlassen die Routine, richten unsere Gedanken auf unser Ziel, und alles andere kann warten. Schon mit dieser Haltung schaffen wir andere Bedingungen für geistliche Erlebnisse. Hier handelt es sich um einen psychologischen Effekt, der dem anberaumten Neuen die Tür öffnet.

Und wo bleibt die Gospa ?

Maria ist Mutter, sie führt uns zu ihrem Sohn. Er ist aber in der Eucharistie real gegenwärtig. Und wenn sie uns zur Feier der hl. Messe begleitet, übergibt sie uns in seine Hände, denn Er ist sowohl ihre wie auch unsere Mitte. Die Gospa um ihrer selbst willen zu suchen, ist, so glaube ich, weder ihr noch unser Bestreben, denn sie war ihrem Sohn in allem ergeben. Private Offenbarungen verpflichten nicht bis zu dem Augenblick, da der Hl. Vater den Stand darüber veröffentlicht. Wozu wir als Gläubige verpflichtet sind, ist seit Jahrhunderten bekannt, in der hl. Schrift und in der Überlieferung verzeichnet und vom Lehramt der Kirche erklärt. Für mich persönlich ist es, vom gläubigen und theologischen Standpunkt aus, noch immer eine große Herausforderung und ein Wunder der Barmherzigkeit Gottes sowie der Bereitschaft Mariens,  als sie dem Herrn sagte: „Siehe, ich bin die Magd des Herrn, mir geschehe wie du gesagt hast!“ (Lk 1,38). Mich erschüttern noch immer ihre Worte bei der Hochzeit zu Kana in Galiläa: „Was immer er euch sagt, das tut!“ (Joh 2,5)

Und diese beiden erwähnten Aussagen reichen zum Studium eines ganzen Lebens, denn gerade durch sie bezeugen oder verleugnen wir unseren Glauben. Und diese beiden Aussagen nehme ich mit - auch in das Jahr 2013!

 

Damit Gott in euren Herzen leben kann, müßt ihr lieben.

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